Lesen Sie den folgenden Textauszug und geben Sie anschließend an, ob Antwort 1 oder 2 passender beschreibt, welchen Fragen kulturwissenschaftliche Forschung nachgeht.
»[…] Was sozial- und kulturwissenschaftliche Erkenntnisinteressen wohl insgesamt verbindet, ist die Grundannahme, das Gesellschaft stets auf einer bestimmten Vorstellung von sozialer Ordnung beruht. Gefragt wird daher, wie diese Ordnung in unterschiedlichsten Bereichen institutionell und normativ abgesichert ist, welche sozialen und politischen Verhaltensweisen sie hervorbringt, wie sie also ‚vergesellschaftend‘ wirkt und welche Spielräume sich aus der Differenz zwischen Modell und Praxis für den einzelnen wie für Gruppen in unterschiedlichen Gesellschaften und Epochen ergeben.
Dem fügt die kulturwissenschaftliche Beobachtung ihre spezifischen, mehr auf die Praxisseite abzielenden Fragen hinzu: die nach den kulturellen Traditionen und religiösen oder ethnischen Begründungen solcher Ordnungsvorstellungen; nach ihrer alltäglichen Wirkung und Erfahrung in Lebensläufen und Lebenswelten; nach den Bildern, die sich Menschen von dieser Gesellschaft, von deren Teilen, von sich selbst, aber auch von anderen Gesellschaften machen, wie also kulturelle ‚Identität‘ wahrgenommen und ausgehandelt werden; nach der Rolle, die Geschichte und Vergangenheit dabei spielen, danach, wie Menschen und Gesellschaften erinnern, also ein kollektives Gedächtnis und Traditionen aufbauen; oder nach den Symbolen und Ritualen, die zur gesellschaftlichen Verständigung wie zum Konfliktaustagen benutzt werden und die uns letztlich erst eine intersubjektive Wahrnehmung des Anderen ermöglichen. […]«
Textauszug aus: Kaschuba, Wolfgang: „Einführung in die Europäische Ethnologie.“ München 1. Aufl. 1999, S. 97f.