Lesen Sie den Ausschnitt des Zeitungsartikels und geben Sie anschließend an, ob Antwort 1 oder 2 passender beschreibt, welchen Fragen empirisch-kulturwissenschaftliche Forschung nachgeht.
»Vor genau 800 Jahren, in der Weihnachtsnacht 1223, ließ der heilige Franz von Assisi die Menschen aus dem nördlich von Rom gelegenen Bergdorf Greccio Christi Geburt nachstellen. Sein Einfall war der Ursprung eines Erfolgsmodells, das heute jedes Jahr millionenfach in italienischen Haushalten, in Kirchen und Schulen aufgestellt wird: der Krippe mit Madonna und ihrem Joseph, Ochs, Esel und den Hirten sowie den drei Königen, die von der Seite heranreiten.
Doch die Idylle ist bedroht, wenigstens, wenn man Lavinia Mennuni glauben darf, der Senatorin aus der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia, deren Chefin Giorgia Meloni […] die Ministerpräsidentin Italiens ist. […]
Wer keine Krippen will, bekommt Geldbußen
‚Verbote verbieten‘ will die Senatorin deshalb. Wann immer Schulleitungen sich gegen Krippen sperren, drohen künftig Disziplinarverfahren und saftige Geldbußen, schließlich müsse man ‚unsere kulturellen Wurzeln verteidigen, die in der Krippe ein herausragendes Beispiel haben‘. […]
Gesetzlich geregelte Traditionspflege
Da wundert sich Antonello Giannelli, Präsident der Nationalen Vereinigung der Schuldirektoren, einigermaßen. ‚Deplatziert‘ sei der Versuch, Traditionspflege ‚gesetzlich zu verordnen‘; erst recht, weil das italienische Gesetz den Schulen auf diesem Feld Autonomie einräumt. Etwas schärfer formuliert es Riccardo Magi von der kleinen linksliberalen Partei +Europa. ‚Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk‘ presche Italiens Rechte zu Weihnachten mit dem Vorschlag zum Schutz der christlichen Traditionen vor, ‚die gleiche von Giorgia Meloni angeführte Rechte, unter der die Heilige Familie, auf der Flucht vor Verfolgung, jetzt in einem Abschiebezentrum säße‘“ […].
Textauszug aus: Braun, Michael (2023). Weihnachtsgrippen in Italien. Canceln auf Italienisch. In: www.taz.de (23.12.2023).
