Was macht sozial- und kulturanthropologische Feldforschung aus?
Sozial- und Kulturanthropolog*innen forschen, indem sie für längere Zeit am Alltagsleben verschiedener Gemeinschaften teilnehmen, um Strukturen, Vorstellungen, Regeln und Verhaltensweisen aus der Binnenperspektive der jeweiligen Akteur*innen verstehen zu lernen.
Dies erfordert ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft, vorgefasste Annahmen zu überwinden. Die untersuchten Lebenswelten sind vielfältig und reichen von kleinen Dorfgemeinschaften bis zu modernen Unternehmen oder Online-Gemeinschaften.
Da Sozial- und Kulturanthropolog*innen häufig emotionale Nähe und Beziehungen zu den Menschen aufbauen, mit denen sie forschen, ist ein ständiges Ausbalancieren von Distanz und Nähe erforderlich. Die sozial- und kulturanthropologische Forschung ist deshalb auch keineswegs abstrakt oder wertneutral, sondern setzt einen intensiven und individuellen Austausch und enge zwischenmenschliche Beziehungen voraus, die mit Forschungsinteressen kollidieren können.
Aber auch sozial- und kulturanthropologisches Wissen selbst, das während des Aufenthalts im Feld erworben wird, kann zum Machtfaktor werden oder eigenen Wertvorstellungen entgegenlaufen und so eine ethische Positionierung des*der Forscher*in einfordern.
Für solch ethische Herausforderungen gibt es häufig weder eine eindeutige Antwort noch „Patentrezepte“, welche ein eindeutiges oder „richtiges“ Verhalten vorgeben. Obwohl sozial- und kulturanthropologische Fachverbände in verschiedenen Ethikrichtlinien gemeinsame Ziele und Werte formuliert haben, bleibt deren Umsetzung ein höchst individuelles Unterfangen. Zur methodischen Ausbildung im Studium der Sozial- und Kulturanthropologie gehören daher Lehrforschungen, in denen neben der Erprobung verschiedener Datenerhebungsverfahren auch Ihre ethische Urteilskraft geschult und eine kritische Reflexion des eigenen Handelns eingeübt wird.
Lesen Sie die folgenden Fallbeispiele und überlegen Sie einen Pro- und einen Kontrapunkt für jede aufgeführte Handlungsmöglichkeit. Bedenken Sie: es gibt keine eindeutige richtige oder falsche Antwort – Sie können lediglich Argumente abwägen. Dieser Aufgabenteil fließt deshalb nicht in die Wertung mit ein.