Für Sie war das Beantworten dieser Fragen sicherlich nicht einfach, da Sie sich erst einmal in die linguistische Denkweise einfühlen mussten. Für eine Linguistin hingegen wäre diese doch relativ oberflächliche Analyse nur ein erster Schritt gewesen.
Den zweiten Schritt haben wir oben schon erwähnt. Ein Linguist würde nun beginnen, sich zu fragen, weshalb der Schreiber (oder eine Sprecherin) in seinem / ihrem Sprachverhalten variiert. Um hierzu die richtigen Fragen zu stellen, benötigt auch die empirisch arbeitende Linguistin neben der richtigen Intuition eine fundierte theoretische Ausbildung. Sie muss zum Beispiel wissen, dass sich Subjekte und Objekte unterschiedlich verhalten, und sie muss wissen, dass und warum in unterschiedlichen Sätzen unterschiedliche Satzteile betont werden. Wenn sie das nicht weiß, kann sie nicht die richtigen Fragen stellen. Am Ende Ihres Studiums würden wir erwarten, dass Sie die richtigen Fragen stellen können.
Ziele der Aufgaben
Erst einmal vielen Dank für Ihre Geduld! Wir hoffen, dass Sie die für unsere Wissenschaft (und Ihr zukünftiges linguistisches Studium) sehr typischen Aufgaben richtig beantworten konnten.
In diesen Aufgaben haben Sie empirisch gearbeitet; das heißt, Sie haben authentische Sprachdaten analysiert und erste Begründungen für Ihre Analyse gegeben. Dabei haben Sie sich auf verschiedenen linguistischen Ebenen bewegt, nämlich auf den Ebenen der Schreibung, der Wortbildung und in gewisser Weise auf der Ebene der „Aussprache". Sie haben nämlich in diesem geschriebenen Text auch viele Kürzungen entdeckt, wie sie beim (schnellen) Sprechen häufig vorkommen.
Ein weiteres wichtiges Merkmal von Sprache, das in diesem Beispiel deutlich geworden sein sollte, ist die Variation, die unseren Sprachgebrauch prägt. Der Schreiber des Textes hat nicht alle Wörter, die man beim Sprechen kürzen könnte, auch wirklich gekürzt. In einem nächsten Schritt würde man nun versuchen herauszufinden, warum der Schreiber manchmal 'eine' zu 'ne' kürzt, manchmal aber nicht, warum er aus 'ist' 'is' macht, aber aus 'und' nicht 'un'. Das könnte zum Beispiel von der Betonung abhängen oder im ersten Fall davon, ob der unbestimmte Artikel in einem Objekt oder in einem Subjekt vorkommt. Um diese Frage sinnvoll beantworten zu können, bräuchte man natürlich mehr Daten.