Die Germanistische Mediävistik befasst sich mit der deutschen Literatur und Sprache des Mittelalters von den Anfängen der schriftlichen Aufzeichnungen in deutscher Sprache (um 800) bis zur Frühzeit des Buchdrucks (ca. 1500).
Gegenstand des Faches ist ein breites Spektrum von Texten, von Literatur im engeren Sinne bis hin zu Sachtexten. Im Studium häufig behandelt werden zum Beispiel Liebeslyrik (Minnesang), Romane über Artusritter oder antike Stoffe, Heldenepen, Schwänke und geistliche Texte (wie z.B. Dichtungen über das Leben Jesu). Dabei ist die Interpretation der in früheren Sprachstufen des Deutschen geschriebenen Texte häufig auch mit sprachgeschichtlichen Fragen verbunden, und man hat sich mit der Überlieferung der Texte in handgeschriebenen Büchern auseinanderzusetzen, denn oft lauten sie in jeder ‚Handschrift‘ ein wenig anders.
In der Freiburger Germanistischen Mediävistik werden anhand ausgewählter Texte vielfältige Methoden vermittelt, wie mit solchen komplexen Phänomenen umzugehen ist, d.h., Aspekte der Textüberlieferung werden ebenso diskutiert wie literaturtheoretische Ansätze.
Eine Einführung in die mittelhochdeutsche Sprache und Literatur zu Beginn des Studiums wird den Zugang zu den mittelalterlichen deutschen Texten eröffnen. Die Mühe, dieses Pflichtseminar zu besuchen, lohnt sich, denn man schafft damit die Basis dafür, ein faszinierendes Literatursystem kennen zu lernen, das einerseits unter anderen Vorzeichen funktioniert als etwa das heutige (Gedankenwelt, Handschriftenkultur), andererseits viele Parallelen aufweist. Gerade in Freiburg besteht auch die Gelegenheit, mittelalterliche Handschriften und bildliche Rezeptionszeugnisse von Literatur (wie den sog. Malterer-Teppich) im Original zu sehen; solche medialen Zeugnisse werden über Exkursionen auch in die Lehre mit einbezogen.
Die mittelalterliche deutsche Literatur ist aber nicht nur an sich interessant, sondern die Beschäftigung damit bildet auch das Fundament, spätere geistesgeschichtliche Strömungen, wie etwa die Mittelalter-Begeisterung im 19. Jahrhundert, besser zu verstehen. Durch die Auseinandersetzung mit älteren Sprachstufen des Deutschen gewinnt man zudem eine größere Bewusstheit im Umgang mit dem Neuhochdeutschen (warum heißt es z.B. ‚Urlaub nehmen‘?).