Soziale Sicherung und demographischer Wandel
Die langfristige Finanzierbarkeit der deutschen Sozialversicherungssysteme ist angesichts des sich rapide zuspitzenden Alterungsprozesses nicht gewährleistet. Alle in Bismarckscher Tradition entworfenen Sicherungssysteme in Deutschland – ob Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung – fußen auf dem gleichen Prinzip des Generationenvertrages. Demnach finanzieren sich alle Ausgaben an Alte, Kranke oder Pflegebedürftige aus den laufenden Einnahmen der zumeist lohn-(oder lohnersatz-)abhängigen Beiträge.
Klassischerweise sind diese bei der erwerbstätigen Generation am höchsten. Eine solche Umlagefinanzierung kann aber langfristig nur dann Bestand haben, wenn hinreichend viele junge Jahrgänge nachwachsen. Dies ist seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall, denn die Fertilität bewegt sich seit nunmehr über 30 Jahren konstant auf einem Niveau, welches historisch nur mit den relativ kurzfristigen Effekten des Zweiten Weltkriegs vergleichbar ist: Ein Frauenjahrgang ersetzt sich nur noch zu knapp 70 Prozent durch entsprechende Mädchengeburten. Dies führt zu einem steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung. Zudem induziert die stark ansteigende Lebenserwartung einen weiteren Anstieg des Durchschnittsalters. Man spricht auch vom doppelten Alterungsprozess.
Bei der gesetzlichen Rentenversicherung liegen die Konsequenzen des doppelten Alterungsprozesses klar auf der Hand. Immer mehr Alte wollen von immer weniger Jungen ihre Rente bezahlt bekommen – und das zu recht, denn die jetzigen Alten waren früher jung und zahlten dann für die damaligen Alten. Allerdings kann dieser Vertrag eben nur so lange eingehalten werden, wie die Relationen der beiden Generationen im Gleichgewicht sind.
Aufgrund der im Video skizzierten Entwicklung wird dies aber in den nächsten Jahren keineswegs der Fall sein. Der Gesetzgeber hat darauf entsprechend reagiert und mit Riestervorsorge, Nachhaltigkeitsfaktor und Rente mit 67 versucht, das Gleichgewicht über das Leistungsniveau zwischen den Generationen wiederherzustellen. Will heißen: Zukünftige Generationen müssen eben mit einer geringeren Rente rechnen, da es sonst zum Bruch des Generationenvertrags käme.
Warum diese Entwicklung ähnlich für den Gesundheitsbereich bzw. die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gelten soll, wird nicht auf den ersten Blick klar. Immerhin werden alle Generationen krank und auch Rentner zahlen ja Beiträge an die GKV. Mit der folgenden Aufgabe möchten wir jedoch genau dies verdeutlichen, dass wir eben auch in der Gesundheit ein demographisches Problem haben – und das in Kombination mit einem immensen Ausgabenwachstum aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts.